22. Januar 2025

Warum ich bei »Better Man« weinen musste

Kolumne zu »Better Man«
Warum ich bei »Better Man« weinen musste

Es war 2001, als an meinem Geburtstag im Dezember das Live Konzert von Robbie Williams übertragen wurde. Es war das Swing-Konzert und kurz danach kam das Album „Swing when you’re winning“ raus. Ich wurde gerade 13 Jahre alt und war sehr impressionable. Ich kannte Robbie Williams nur so nebenbei, kannte das Lied „Angels“, wusste grob, dass er mal in „Take That“ war, hatte aber um die Musik und die Band bisher einen großen Bogen gemacht. Ich wurde schließlich gerade erst ein Teenager. Aber das Swing-Album hatte es mir angetan. 

Plötzlich war ich sehr verliebt. In Robbie, in die Musik, in das Feeling. Ein neuer Fan war geboren. Ich weiß noch genau, wie ich vor dem Fernseher im elterlichen Wohnzimmer saß und fast weinen musste, weil die Musik mich so mitgerissen hat. (Props an meine Eltern, die das auch gut fanden und die Anlage so richtig aufgedreht haben für das Konzert.) Von diesem Abend an war es eine Tradition, dass im Dezember irgendwie Robbie Williams in den Fernseher musste. (Es war fast schon Schicksal, dass Robbie immer im Dezember bei „Wetten dass“ auftritt - denn das haben wir auch immer mit der Familie geschaut.) 

Pünktlich zu meinem Geburtstag kam auch immer ein neues Album raus, so hatte man immer ein passendes Geschenk für mich. Und man war mich los, denn natürlich musste ich das Album rauf und runter hören und auswendig lernen. 

Auch als das Buch „Feel“ geschrieben von Chris Heath über Robbie Williams rauskam, war ich wie besessen davon (ich habe es auch mittlerweile mehrfach gelesen). Ich hatte Kalender, Bücher, Poster. 

Als ich endlich alt genug war, kam Robbie auch auf Tour. Es war nicht gerade einfach, Tickets zu bekommen, zumal wir damals noch keine Kreditkarte hatten und das Bezahlen im Internet nicht gerade einfach war. Aber wir schafften es und ich durfte allein aufs Konzert. Ich stand ganz weit hinten, in einem „sicheren“ Bereich und es fühlte sich nicht so an, als wenn ich ihn jemals live gesehen hätte, aber es gibt Videobeweise, dass ich da war :D 

Fast forward ins Jahr 2025. Ich sitze im Kinosaal, der wirklich nicht sehr voll ist (ich rede mir ein, dass alle den Film auf Deutsch gucken wollten…) und denke daran, dass ich ungefähr seit 2009 nicht mehr wirklich die Karriere von Robbie verfolgt habe. Ich kann mich erinnern, dass mein Musikgeschmack sich verändert, bzw. Robbies Musik anders geworden ist. Vollkommen okay, ich hab ja noch die alten Sachen. Etwas Angst, was im Film alles vorkommen würde, hatte ich dennoch. Ich kannte den Trailer, war Anfangs jedoch bestürzt über den Affen - zunächst, doch die Erklärung, Robbie hätte sich selbst eben immer als etwas primitiv gesehen, macht es erträglicher.

Ich sah den Film auf Englisch, was ohne Untertitel eine schwer verständliche Angelegenheit war. So gut bin ich im britischen Slang dann leider doch nicht drin, aber der Kontext hilft. (Fast) alle meine Lieblingssongs kamen im Film vor - bedeutet, er spiegelt nur einen Teil seiner Karriere wider. 

Es geht um Robbies Aufstieg vom „Niemand“ zum Weltstar. Sein Beginn in „Take That“ und sein Struggle mit dem fame sein, mit den Möglichkeiten, mit den Neidern, mit den Drogen. Der Film legt aber auch sehr hohen Wert auf die Beziehung zwischen Robbie und seinem Vater. Durch den Einsatz von Songs, die es auch zum Zeitpunkt der tatsächlichen Ereignisse noch gar nicht gab, rekontextualisiert sich einiges. Zumindest für mich. Der Song „Feel“ (Titelgebend für das oben erwähnte Buch) wird relativ früh eingesetzt (Robbie ist da noch ein kleiner Affe) und das war der Moment, in dem ich das erste Mal weinen musste. „Feel“ kommt vom Album „Escapology“ welches 2002 rauskam. Ich war 14 und hab damals nie wirklich verstanden, worum es geht. Der Film hat mir eine Leseart des Songs aufgemacht, die mich instant zu Tränen gerührt hat. 

Zu Tränen gerührt wurde ich auch noch zwei weitere Male im Film. Spätestens am Ende war es aber eher ein „ugly cry“, so richtig mit Schniefen. Das Finale ist nämlich genau das Konzert, mit dem meine Robbie Williams-Leidenschaft begann: in der Royal Albert Hall in London. 

Wenn ihr Robbie nicht mögt, keinen Kontakt zu seiner Musik hattet, das nicht euer Ding ist - kein Problem. Wahrscheinlich wird das dann nicht euer Film. Aber wenn ihr - ohne die Musik zu bewerten - ein Biopic über einen ehemaligen Boybandstar mit Daddy Issues sehen wollt, dessen Plot rundum funktioniert, dessen Story Beats einfach hitten, der eine grandiose Tanznummer hat (Rock DJ! Viele Menschen! Die Straßen von London!) und ein Affen CGI, was einem nach der Hälfte spätestens vergessen lässt, dass Robbie gar kein Affe ist in Wirklichkeit - dann schaut euch den Film an!



Anne

https://tobis.de/titel/better-man