Rückkehr nach Ithaka

Nach zwanzig Jahren kehrt Odysseus (Ralph Fiennes) nach Ithaka zurück, die Insel ist vertraut und doch fremd. Das weiße Licht auf den Olivenhainen und die zerklüfteten Küsten wirken wie stumme Zeugen seiner Abwesenheit. Seine Frau Penelope (Juliette Binoche) ist umgeben von Freiern, wird gefangen gehalten, um neu verheiratet zu werden. Der neue Mann soll endlich Odysseus' Platz auf dem Thron und damit die Herrschaft über Ithaka übernehmen. Regisseur Uberto Pasolini inszeniert die Heimkehr des Helden aus Homers „Odyssee“ als entschleunigte Neuinterpretation und gibt seinen beiden großen Stars viel Raum. Das Wiedersehen des bekanntesten Paars der griechischen Mythologie ist ein langsames, tastendes Annähern: Blicke, Gesten, die Spannung zwischen Vertrautheit und der Last der Jahre füllen jeden Raum, jede Szene. Die Kamera konzentriert sich auf Hände, Gesichtszüge und das Spiel von Licht auf nackter Haut in einer fast zeitlos wirkenden Welt, monumental und intim zugleich. Ralph Fiennes zeichnet Odysseus als zähen, aber von Krieg und Abwesenheit zerrütteten Mann. Unter seiner beherrschten Oberfläche brodelt Misstrauen und unterschwellige Aggression, alte Spannungen entladen sich in kurzen, messerscharfen Momenten. Juliette Binoche verleiht Penelope stille Intensität: Geduld und Widerstand, Pflicht und eigener Wille verschränken sich in kleinsten Gesten, in einem Blick, der eine Tür verschließt, in einer Handbewegung, die abwehrt, ohne zu verletzen. Pasolinis intensiver Film thematisiert Heimkehr, Verantwortung und Erinnerung. Wie sehr prägt die Abwesenheit das, was wir Heimat nennen?
Grit Dora