TRAILER

In die Sonne schauen

Drama, Deutschland 2025, 149 min

Vier Frauen, vier Kindheiten auf einem Vierseitenhof in der Altmark, ein Zeitraum von etwa einhundert Jahren. In diesem Rahmen inszeniert Regisseurin Mascha Schilinski einen assoziativen Erinnerungsstrom. Die Leben von Alma (1910er), Erika (1940er), Angelika (1980er) und Nelly (2020er) sind miteinander verwoben, speichern doch die Wände des Hofes die Geschehnisse und Atmosphären vieler Jahrzehnte, das Leben der Menschen, die hier wohnten, ihr Sein in der Zeit, auch ihren Geschmack. Während die Mädchen und Frauen ihre eigene Gegenwart erleben, stoßen sie auf Spuren der Vergangenheit, erfahren am eigenen Leib unausgesprochene, über Generationen weitergegebene Ängste, verdrängte Traumata, in der Familiengeschichte verborgene Geheimnisse. Alma (Hanna Heckt) wurde nach ihrer verstorbenen Schwester genannt und kämpft mit der Angst, deren Schicksal zu teilen. Erika (Lea Drinda) fühlt sich zu ihrem schwer verletzten Onkel hingezogen und entwickelt bedrohliche Phantasien. Gefangen in einem dysfunktionalen Familiensystem, plagen die eigentlich lebensfrohe Angelika (Lena Urzendowsky), immer wieder Todessehnsüchte. Auch Nelly (Zoë Baier), die in der Gegenwart scheinbar in Sicherheit aufwächst, gelingt es nicht, den Schatten der Vergangenheit auszuweichen.
»In die Sonne schauen«, der zweite Spielfilm von Mascha Schilinski (»Die Tochter«) erhielt noch vor der Verfilmung den Thomas-Strittmatter-Preis für das beste Drehbuch und gelangte Anfang 2025 sofort in den Hauptwettbewerb von Cannes, wo er das Filmfestival eröffnete und mit dem Hauptpreis der Jury ausgezeichnet wurde. Schilinskis Film überzeugt mit formaler Experimentierfreude. Sie und ihr kreatives Team erzeugen mit Bildkomposition, Montage, Rhythmus und Sound einen historischen Resonanzraum, dem man sich schwer entziehen kann.
Grit Dora