Die Jungfrau, die Kopten und ich
Oder: Der Tag, an dem meine Mutter die heilige Jungfrau im Fernsehen sah. Wer kennt sie nicht? Sie ist DAS Sinnbild der Mutter und wurde unzählige Male in Szene gesetzt. Diese schöne Erscheinung ist der Aufhänger für den Film von Namir Abdel Messeeh. Was zu Beginn ein seriöser und steifer Dokumentarfilm über sein Heimatland Ägypten werden sollte, entwickelte sich zu einem Projekt, das über die sozio-politische Realität der arabischen Frühlings hinausgeht. Das Video über die Erscheinung der heiligen Mutter Gottes in einer ägyptischen Stadt, das die christliche Minderheit, die Kopten, in Aufregung versetzt, lässt auch die Mutter und Tante des Regisseurs vor lauter Offenbarung über ihren Glauben schluchzen. Die Neugier über das Spektakel und die Suche nach seinen religiösen Wurzeln im koptischen Verehrungskult lässt Messeeh die Fährte aufnehmen und mit aufmerksamen Blick und zarter Annäherung die Kultur und Mentalität dieser Gläubigen, in einem Land, das stark von seiner Religion und den damit verbundenen Konflikten geprägt ist, dokumentieren.
Selten zeigt sich ein Cineast so offen, ehrlich und unkonventionell gegenüber seiner eigenen Geschichte. Der Sohn ägyptischer Einwanderer wächst in Frankreich fernab von starren Glaubensritualen auf und findet auf der Suche nach seiner Identität seine ganz eigene Offenbarung: „Ich war Christ, dann kam das Kino.“ Die Idee von der Inkarnation seiner Rolle als Filmemacher, dem seine Arbeit unter der prallen Sonne Ägyptens zu zerfließen droht, ist nicht neu, sichert aber von Anfang an die Sympathie des Publikums, wenn die schwierigen Umstände und der ständige Geldmangel als evident erscheinen. Kein leichtes Spiel, wenn aus dem Hintergrund die Mutter noch „Dein Film ist scheiße“ ruft. Doch auch den gewagtesten Unterfangen gelangen manchmal kleine Glanzstücke.
Die Tragikomik und der Dokumentarstil ergeben zu Beginn ein skurriles Duo, das sich im Laufe des Films allerdings als unglaublich lustig, intelligent und wunderbar menschlich erweist. Blasphemie? Nein, ein Wunder! Ein ebenso ernster Film über das Kino als ein Raum des Glaubens, der Begegnung und der Revolution, der sich selbst jedoch nicht zu ernst nimmt und gleichzeitig denken und lachen lässt.
Theresa
Buch: Namir Abdel Messeeh, Nathalie Najem, Anne Paschetta
Regie: Namir Abdel Messeeh
Kamera: Nicolas Duchêne
Musik: Vincent Segal
Bundesstart: 13.06.2013
Start in Dresden: 13.06.2013
FSK: o.A.