In ihrem Haus

Thriller, Frankreich 2012, 106 min

In der Literaturklasse von Monsieur Germain (Fabrice Luchini) gibt es gerade mal einen Jungen, Claude Garcia mit Namen, der am Wochenende nicht Pizza essend vor der Glotze hängt und der folgerichtig, auch dank seines halbwegs normalen Umganges mit der Muttersprache, die Aufmerksamkeit seines Lehrers erregt. Dringt er doch mit Hilfe eines Aufsatzes schriftlich ein in das großzügig glänzende Heim seines Mitschülers Rapha Artole. Claude deutet einen Vorwand an, Rapha zu besuchen, wirft ein paar flüssige Zeilen hin, höchstens drei, vier Absätze und wendet sich sogleich dem Objekt seiner Begierde zu; begehrlich spöttische Worte beschreiben Esther (Emmanuelle Seigner), die attraktive Mutter Raphas, als gelangweilte Mittelklassefrau; bewundern ihren Duft, honorieren ihr Kleid, erforschen ihr Sehnen…
„À suivre - Fortsetzung folgt“ steht darunter und Monsieur Germain sowie dessen Gemahlin Jeanne (Kristin-Scott-Thomas) halten mit gemischten Gefühlen den Atem an, wenn Claude seinem Lehrer wieder ein Blatt übergibt. Wären Claudes Zeilen bereits ein Buch, gedruckt und gebunden, müsste man es einen page-turner nennen. Klar, einem Ozon-Film mangelte es noch nie an Rasanz und fein dosiertem Taumel, beherzigt der Junge doch jeden Hinweis seines Dozenten im Handumdrehen und steckt damit auch den Zuschauer an. „Dulde keinen Aufschub, bleib spannend und stell dir immer die Frage; was passiert als Nächstes?“ Et voilà, Claude entwickelt seine Figuren und macht Monsieur Germain zu seinem Komplizen. Dieser borgt seinem Eleven ausgerechnet Flauberts Madame Bovary und spielt ihm die Aufgaben für einen Mathe-Test zu. Das gehe nicht gut aus, meint seine Frau Jeanne, als in der Geschichte Germains Name auftaucht…
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