Corsage

„Fester. Fester! Fester!!“ Kaiserin Elisabeth „Sisi“ von Österreich-Ungarn treibt ihre Hofdamen an. Enger will sie geschnürt werden, enger, noch enger. Ihr 40. Geburtstag steht bevor, damit hat sie die durchschnittliche Lebenserwartung einer Frau dieser Zeit erreicht. Der Druck ist groß, der Repräsentationsdruck durch den Kaiser, der der Öffentlichkeit und nicht zuletzt auch ihr eigener, selbst gemachter. Sisi spielt mit ihrer Rolle als Modeikone, ihrem Bild, sie ist eine ausgemachte Narzisstin und braucht die Bewunderung. Am teils selbst errichteten Schönheitsideal, dem sie sich nun dauerhaft zu unterwerfen hat, droht sie zu zerbrechen. Reisen helfen, das Wegfallen der Hofrituale, auch kleine Flirts.
Die Orte spielen keine große Rolle, es geht um das Innenleben einer Frau, die um ihr Überleben im starren System ringt. Die Wiener Regisseurin und Drehbuchautorin Marie Kreutzer setzt dem ungebrochenen Kult um die junge „Sisi” eine Interpretation der reifen Frau entgegen. Sie folgt in Grundzügen der gut dokumentierten Biografie der berühmten Kaiserin, ist aber historisch bewusst ungenau. Verträumte Popsongs kontrastieren mit historischen Kulissen und Vicky Krieps als „Sisi“ agiert mit radikaler Modernität, raucht Kette, zeigt den Stinkefinger und wenn ihr Mann, der Monarch, genervt auf den Tisch haut, haut sie zurück. Ein spannungsvolles, bewusst plakatives Biopic. In Cannes wurde Vicky Krieps dafür mit dem Darstellerpreis der Reihe Un Certain Regard ausgezeichnet.
Grit Dora