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Niemand ist bei den Kälbern

Drama, Deutschland 2021, 116 min

Man stelle sich eine Landidylle vor; eigener Hof, Bauer findet Frau, saftige, grüne Hügel ernähren Milchkühe, vorm Biolandladen gackern die Hühner und entschleunigte Städter füllen die Kasse. Und dann überfahre man dieses Bild so lange mit angehängter Pflugschar bis nur noch traurige Tristesse an den schlammigen Stiefeln klebt.
Warum die junge Christin (Saskia Rosendahl) an den Stiefeln des Milchbauern Jan (Rick Okon) kleben geblieben ist, das zu erklären, hebt sich die schmale Erzählung für später auf. Zunächst setzt sie auf die einförmig wiederkehrende Monotonie eines namenlosen Kaffs in Mecklenburg-Vorpommern, wo die junge Frau im Grunde nichts hält, als ihr eigener Mangel von einem Lebenstraum. Okay, die fehlende Ausbildung bremst genauso. Ihren Vater pflegen, müsste sie noch, und nach den Kälbern sehen, weil die Jungtiere ja nichts für die Trostlosigkeit können. Ihrem wortkargen Jungbauern die Stirn bieten, fiele ihr allenfalls noch ein, und mit ihrer besten Freundin Caro (Elisa Schlott) auf Sauftour gehen, ein Kaff weiter, aber sonst? Sonst ist ihr langweilig. Ihr beständiges Flehen, gesehen zu werden, verdunstet mit der frühen Morgensonne, und als Frau in Jeans und bauchfreien Top erregt sie eher den Zorn der anwesenden Männer. Da bringt ein plötzlich auftauchender Windkrafttechniker (Godehard Giese) etwas Bewegung in die Bilder, fährt das Auto von Klaus doch bis nach Hamburg zurück. Hamburg bedeutet alles, was es hier nicht gibt, Freiheit, Ausbruch, Perspektive. Überall müsste es besser sein, wo Christin noch nicht war, und doch schleppt sie nur überall ihren eigenen Rucksack hin, von dem sie nicht loskommt.
Diese Film-Miniatur von einem deutschen Niemandsland basiert auf dem gleichnamigen Roman von Alina Herbing, der das ritualisierte Landleben ohne viel Federlesens vor allem als zwischenmenschliches Minenfeld darstellt. Ein Ponyhof war das Leben noch nie. Hauptdarstellerin Saskia Rosendahl erntete für ihre Arbeit zumindest einen Darstellerinnen-Preis beim Filmfest in Locarno.
alpa kino