Express, Express

Drama, Slowenien 1997, 74 min

Wir sehen in Großaufnahme eine Nähmaschine rattern und hören einen Kontrabass eindringlich sein Lied beginnen. Der da seine Hose näht, ist Gregor Bakovic, er ist unser junger Held. Zumindest ist er auf dem besten Wege, es zu werden. Unsere Sympathie erringt er sich durch zwei, drei unscheinbare Dinge, er mag Vivaldi, fährt für sein Leben gern Zug und er ist verliebt. Für ein richtiges Märchen gehört sich das auch so. Schnell wird das Unwichtige überflüssig. Man muss es nur beiseite schieben. Unser Held zieht die fertige Hose an, streicht den Namen an seinem Türschild aus, kauft sich eine Fahrkarte bis zum nächsten Bahnhof und steigt ein.
Durch eine herbstlich vergoldete Landschaft rollt der kleine Zug. Die eingleisige Nebenstrecke führt uns quer durch Slowenien. Auf jedem Bahnhof möchte man glauben, die Zeit sei stehengeblieben. Während wir die seltsamsten Reisebekannschaften knüpfen - ein Mann mit etlichen Luftballons zwängt sich durch die Abteile, ein anderer mit einem Vogelkäfig sorgt für gehörige Aufregung - finden wir unseren jungen Helden wieder.
Immer wieder wandert sein Blick von der vorbeiziehenden Landschaft zu der jungen Frau gegenüber. Er sitzt in einem Abteil gemeinsam mit Barbara Cerar. Die junge Frau hat sich geradezu häuslich eingerichtet. Sie umgibt sich auf Reisen mit einer Handvoll persönlicher Dinge und über die mitten durch das Abteil gespannte Wäscheleine hinweg erregt sie die Aufmerksamkeit unseres jungen Helden. Am nächsten Bahnhof beschließt er kurzerhand, dass er sich verliebt hat und löst ein weiteres Ticket.
Bevor Igor Sterks traumhafte Zugreise in den Express-Flitterwochen endet, umfängt uns noch eine liebevoll inszenierte Geschichte ganz universeller Art. Kaum dass es hier irgendwelcher Worte bedarf, zwei Menschen verlieben sich, andere fahren schwarz, das Zugpersonal hält unterwegs den Zug an, um das traditionelle Fußballspiel durchzuführen. Igor Sterks Film erinnert uns daran, dass Zugfahren die beste Medizin für kranke Seelen ist, und ein einsamer Bahnhof mitten in Slowenien der schönste Ort für Vivaldis »Vier Jahreszeiten«.

Buch: Matjaz Pograjc, Igor Sterk

Regie: Igor Sterk

Darsteller: Gregor Bakovic, Barbara Cerar, Marko Mandic, Peter Musevski, Lojze Rozman, Andrej Rozman-Roza

Kamera: Valentin Perko

Musik: Mitja Vrhovnik-Smrekar

Bundesstart: 30.12.1999

Start in Dresden: 24.02.2000