Tschiller: Off Duty

Kriminalfilm, Deutschland 2015, 140 min

Moin, als man 1970 erstmals den Tatort im deutschen Westfernsehen installierte, ging es noch darum, auch im DDR-Pendant „Polizeiruf 110“ die erzählten Geschichten realitätsnah und vorstellbar zu gestalten. Action, Thrill und wilde Verfolgungsjagden überließ man meist dem Genrefilm im Lichtspieltheater. Erst elf Jahre später ließ man Götz George als Horst Schimanski aus der Rolle tanzen. Da war plötzlich ein Staatsbediensteter, der irgendwie keine geregelten Arbeitszeiten zu haben schien, diverse Frauengeschichten an der Backe hatte, sich prügelte, soff und die Currywurst quasi zum Grundnahrungsmittel erklärte. Schimanski war Kult und Götz George einfach mal ein guter Schauspieler. Attribute, die dem Inhaber, ach was sage ich, dem Master of the Craft, Til Schweiger irgendwie abzugehen scheinen. Nun haben es neben Til Schweiger schon ganz andere Cräfte geschafft, auch ohne die Fähigkeiten eines Götz George auf der Leinwand zu brillieren, weshalb man ihm wohl auch 2013 die Rolle des Hamburger Kriminalhauptkommissare Nick Tschiller überhalf und sich ob seiner ungestümen Berufsrotzigkeit offensichtlich einen Erfolg wie einst Schimanski erhoffte. Nun erweckt Schweiger irgendwie den Eindruck, es immer allen zeigen zu müssen, was dann oft eine unangenehme Aura der Aufgesetztheit erstehen lässt. So gesehen gerade in der Schweigerschen Tatort-Trilogie, die mit dem dritten Teil nun im Kino gipfelt. Das ist ja prinzipiell erstmal keine schlechte Idee, aber was da unter der Regie von Christian Alvart auf den Tisch kommt, hat mit dem, für was der Tatort einst angetreten ist, nun gar nichts mehr zu tun und grenzt zuweilen schon an cräftige Verarsche. Ich meine, wenn der Film vor der Wende für den Raum Dresden gedreht worden wäre, hätte ich ja irgendwie noch Verständnis, denn wir hatten ja bekanntlich nüscht, sich aber hier hinzustellen, denn Breiten zu geben und so zu tun, als hätte man gerade Columbus seine Eier gefunden, ist schon bissl ungezogen. Da kommen zwei daher, machen schwer einen auf Stirb-langsam-haste-nicht-gesehen und als ob das noch nicht genügen würde, bemüht man sich hier auch noch gar kläglich Ethan Hunt und James Bond mit zu Bruce Willis in den Topf zu quetschen. Wenn dann Till Schweiger auch noch „böse“ in die Kamera schaut, komme ich einfach nicht mehr umhin, Blasen zu lachen und auf dem Rücken zu strampeln wie ein Maikäfer. Wie kommt man nur darauf, in einem Tatort einen Hamburger Kriminalhauptkommissar sich bournemäßig von Istanbul nach Moskau ballern zu lassen? Eh, da wollten doch zwei Kindsköpfe mal das alte Vehikel Tatort benutzen, um für acht Millionen so richtig die Sau raus zu lassen. Leute, wenn Ihr gerade dienstfrei habt (Wau: off duty) und eure Tochter inzwischen in Istanbul Rache an dem Tod ihrer Mutter üben will, sie dabei aber von der russischen Organmafia nach Bad-Moskau entführt wird, überlasst die Klärung des Sachverhaltes dann bitte doch lieber, Bruce, Daniel, Tom oder meinetwegen auch Steven. Als Ossis mussten wir schon Wisent- und Lößnitz-Jeans ertragen, da braucht es 26 Jahre nach der Wende nicht noch eine alberne Amikopie.
Ray van Zeschau (ehemaliger handcrafted Vietnam-Levis-Eigner)