The Duke of Burgundy

Einen zärtlichen Hauch von SM konnte das Kino längst schon vertragen. Gequält wird immerzu auf der Leinwand, gleichwohl nie aus Liebe. Cynthia und Evelyn stecken mitten in einer ungezogenen Romanze mit klar verteilten Rollen. Beide frönen ihrer Leidenschaft der Schmetterlingskunde. Wie besessen hocken sie über den zarten Körpern von Faltern, Motten und Schwärmern, lauschen deren Flattern von Schallplatte oder stechen mit Lust die kleinen Nadeln in ihre Körper. Halten sie gerade keine wissenschaftlichen Vorträge, lassen die beiden Frauen einander in streng abgezirkelten Ritualen unangenehm scheinende Bestrafungen zukommen. Immer gefolgt von ebensolchen Belohnungen. In einer üppig eingerichteten Villa begegnet Evelyn devot ihrer Herrin und gibt sich den täglichen Verrichtungen hin, deren einziges Ziel in ihrer Demütigung besteht. Demütigung als Vorspiel. Und gleich vorweg; dem Vorspiel folgt großartiges Kino. Bizarr schöne Bilder arrangiert Regisseur Peter Strickland mit einer feinsinnig bestückten Tonspur. Das Flüstern eines Unterkleides, wenn es sich am Strumpf entlang schiebt, gleicht dem Flügelschlag eines einzelnen Schmetterlings. Kannte die Welt je eine andere Deutung, als eine subtile sexuelle Drohung für dieses Geräusch? Der einzige Mann am Filmset verzückte bereits mit seinem Vorgänger, der Sound-Orgie »Berberian Sound Studio«, und setzt erneut auf den Dreiklang Auge/Ohr/Imagination. Seile reiben, Leder knarrt und Körperflüssigkeiten plätschern. In einer verschließbaren Kiste möchte Evelyn fortan bestraft werden, immer heftiger fordert sie Cynthia heraus, und langsam begreift der noch nie gepeitschte Zuschauer, wer hier eigentlich top und wer bottom ist. Das Codewort missachtend, versucht Cynthia eine Grenze zu überschreiten, und verschafft ihrer Sklavin damit bloß neue Lust.
alpa kino