Königin der Wüste
Einer britischen Tochter aus gutem Hause will es 1892 auf gar keinen Fall gelingen, den gesellschaftlich erwarteten Abschluss zu tätigen, der nach ihrer dritten Ballsaison in eine standesgemäße Hochzeit münden müsste. Statt dessen studiert die 24-jährige Gertrude Bell (Nicole Kidman) nach Geschichte in Oxford noch Persische Sprachen und geht für sechs Monate nach Teheran, wo ein Verwandter britischer Botschafter am Hofe des Schahs von Persien ist. Das Land und die Menschen sind eine Offenbarung für die junge Frau. Sie begegnet Stammesfürsten, eignet sich neben Sprache und Kultur auch das komplizierte Beziehungsgeflecht an, welches zwischen den Clans herrscht und wird immerzu und überall respektvoll aufgenommen. Dabei helfen ihr augenscheinlich auch Anmut und Grazie ebenso wie Offenherzigkeit und Neugier. Einer unglücklich endenden Liebesbeziehung zum britischen Botschaftssekretär Henry Cadogan (James Franco) lässt sie die wohl leidenschaftlichste Liebe ihres Lebens folgen. Sie bereist, erforscht und verehrt fortan die arabische Welt, welche an den langsam zerfallenden Rändern des osmanischen Reiches immer mehr in den Fokus weltpolitischer Interessen rückt. Und die Frau, die den Damensattel verschmäht, die nebenher als Archäologin und Spionin arbeitet, die Bücher verfasst oder gelegentlich direkt ins Lager feindlicher Stämme reitet, vor das größte Zelt, weil die Ehre der Gastfreundschaft schwerer wiegt als das Faustrecht der Wüste… wird bald von den Einheimischen als ein „Mann ehrenhalber“ behandelt. Auf dem Höhepunkt ihres Lebens gilt die intime Kennerin der arabischen Welt als mächtigste Frau schlechthin. Sie wird Grenzen ziehen, wird den Plan von der arabischen Revolte 1916 ausarbeiten und sich intensiv an der Gründung des Iraks beteiligen. Sie wird zur Königsmacherin. Will man die aktuellen Verwerfungen zwischen Sunniten und Schiiten verstehen, muss man bis zu Gertrude Bell zurück gehen. Im Zusammenhang mit Werner Herzogs neuem Film liest man ständig davon, Gertrude Bell sei so etwas gewesen wie ein weiblicher Lawrence von Arabien. Die historischen Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache; viel eher war T.E. Lawrence die männliche Gertrude Bell.
alpa kino
Buch: Werner Herzog
Regie: Werner Herzog
Darsteller: James Franco, Nicole Kidman, Robert Pattinson, Damian Lewis, Jenny Agutter, Holly Earl, David Calder
Kamera: Peter Zeitlinger
Musik: Klaus Badelt
Produktion: Michael Benaroya, Cassian Elwes, Nick Raslan
Bundesstart: 03.09.2015
Start in Dresden: 03.09.2015
FSK: o.A.