Zoran - Mein Neffe der Idiot
Dieser Film ist eine Hommage an den Wein und an das Anbaugebiet Friaul im nördlichen Italien. Leider trinkt die Hauptfigur zu viel des guten Winzerproduktes (egal ob rot oder weiß), was seinem ohnehin bereits reichlich unausstehlichen Charakter nicht gerade zugute kommt. Daher braucht es schon einen besonderen Sinn für Humor, um es witzig zu finden, dass er die Urne einer gerade verstorbenen Tante aus dem fahrenden Auto wirft oder seinen gutmütigen Kumpel Ernesto zum Trinken verführt. Wo dieser doch so stolz darauf war, „seit 96 Tagen trocken“ zu sein.
Es ist also klar: Paolo (Giuseppe Battiston) ist ein ziemlich unsympathischer Zeitgenosse: Er arbeitet nur widerwillig in der Cafeteria des örtlichen Altenheims. Wenn ihm dort ein Fehler passiert, schiebt er ihn ungerührt seinem Kollegen Ernesto (Riccardo Maranzana) in die Schuhe. Seine Freizeit verbringt er in der Taverne beim Wein - Trinken ist sein einziges Hobby. Freunde hat er nicht, höchstens entnervte Bekannte, bei denen er sich immer wieder vor der Alkoholkontrolle der Polizei versteckt. Als eine Verwandte stirbt, muss er sich ein paar Tage um seinen 15-jährigen Neffen Zoran (Rok Prasnikar) kümmern. Der ist schrecklich schüchtern, spricht seltsam, zielt aber stets zuverlässig in die Mitte der Dartsscheibe. Paolo hofft, durch ihn zu Reichtum zu kommen und beantragt dauerhaftes Sorgerecht. Zoran erweist sich jedoch als widerspenstig.
Ob Zoran zurück geblieben, behindert oder schlicht schüchtern ist, bleibt unklar. Rok Prasnikar spielt ihn mit großer Brille nur ein klein wenig überspitzt, aber nie als Witzfigur. Als solche sieht ihn nur Paolo, der anfangs nicht einmal versucht, mit ihm freundlich umzugehen und ihn bis zum Ende beharrlich „Zagor“ nennt. Giuseppe Battiston (»Brot und Tulpen«) ist ein prominenter italienischer Bühnen- und Filmschauspieler, der den Paolo sehr realistisch gibt, auch wenn die Figur offenkundig überzogen ist. Dennoch ist er keine Karikatur - man nimmt ihm alles ab. Ob der Wein eine Entschuldigung für sein mieses Verhalten sein soll? Der Alkoholismus, der am Ort und besonders in der Person der Hauptfigur offenkundig ein Problem ist, wird schon sehr auf die leichte Schulter genommen. Ohne den Wein wären allerdings die herzhaften Sauflieder ausgeblieben, die der örtliche Chor zu Gehör bringt. Die Musik - auch religiöse Lieder kommen zum Einsatz - untermalt viele Szenen des Films und ist ein echter Lichtblick.
Petra Wille
Buch: Matteo Oleotto, Marco Pettenello
Regie: Matteo Oleotto
Darsteller: Giuseppe Battiston, Rok Prasnikar, Ariella Reggio, Rossana Mortara, Maurizio Fanin, Roberto Citran, Teco Celio
Kamera: Ferran Paredes
Musik: Antonio Gramentieri
Produktion: Arch Productions, Stargara, Igor Princic
Bundesstart: 19.06.2014
Start in Dresden: 19.06.2014
FSK: ab 12 Jahren