Happy-Go-Lucky
Eine Freundin wie Poppy wünscht man jedem. Die junge Frau heißt eigentlich Pauline, aber so wurde sie seit ihrem zweiten Lebensjahr von niemandem mehr genannt. Inzwischen ist Poppy dreißig Jahre alt; sie lacht sehr viel, macht gern einen albernen Witz und ist immer ein paar Nummern zu schrill angezogen. Das sprichwörtliche Glas ist für sie immer halb voll. Poppy hat beschlossen das Leben zu genießen. Ein Buch, das »Weg zur Wirklichkeit« heißt, sei nichts für sie, entscheidet sie und wünscht dem muffligen Buchhändler dennoch, er möge glücklich sein.
Gewiss, manchmal nervt einen Poppys gnadenlos gute Laune, doch das geht schnell vorbei - bald schon steht man mit offenem Mund vor diesem Ereignis von einem Menschen, von einer Frau. Der Regisseur Mike Leigh hat diese Poppy der diesjährigen Berlinale zum Geschenk gemacht und dazu einen Film, den man jedem ans Herz legen möchte, der zu versteinern droht in seinem Alltag.
Der Begriff „ernst“ scheint nicht zu Poppy zu passen. Hier bereitet Mike Leigh dem Zuschauer jedoch eine von vielen Überraschungen dieses Films: Die junge Frau arbeitet als Grundschullehrerin. Die noch größere Überraschung: Poppy ist eine gute, eine feinfühlige Lehrerin, die die Besonderheiten und Nöte ihrer Schützlinge sehr genau wahrnimmt. Und wie dem Zuschauer geht es auch Poppys Fahrlehrer: Scott meint diese Frau zu kennen, dabei erkennt sie ihn - einen zwanghaften, depressiven Einzelgänger, der zu Gewalt neigt. Rassistisch und sexistisch ist er außerdem. Im kleinen Fahrschulauto prallen so zwei extrem unterschiedliche Charaktere aufeinander.
Für eine der besten Szenen gab es sowohl in der Pressevorführung als auch bei der abendlichen feierlichen Premiere in Berlin Szenenapplaus: Eine Flamencolehrerin will ihren Schülern, u.a. Poppy, die Herkunft des „Schmerzenstanzes“ erklären und steigert sich dabei so sehr in ihren eigenen Schmerz hinein, dass sie schließlich heulend zusammenbricht und wegläuft.
Mike Leigh ist bekannt durch Filme wie „Lügen und Geheimnisse“, „All or Nothing“ und - zuletzt - „Vera Drake“. Das waren Sozialdramen, welche die Figuren an die Verhältnisse banden, sie kraft ihrer Menschlichkeit aber auch über den Naturalismus dieser Verhältnisse erhoben. „Happy-go-Lucky“ ist nun der seit langem verspielteste und heiterste Film von Leigh.
Sally Hawkins, die die Poppy in jeder Szene mit umwerfender Frische und Wandlungsfähigkeit verkörpert, gewann den Silbernen Bären als beste Schauspielerin.
Buch: Mike Leigh
Regie: Mike Leigh
Darsteller: Sally Hawkins, Eddie Marsan, Nonso Anozie, Samuel Roukin, Alexis Zegerman, Sarah Niles
Kamera: Dick Pope
Musik: Gary Yershon
Produktion: Film4, Ingenious Film Partners, Potboiler Productions, Summit Entertainment, Simon Channing-Williams
Bundesstart: 03.07.2008
Start in Dresden: 03.07.2008
FSK: ab 6 Jahren