Die Aufschneider
Bisher konnte sich Carsten Strauch mit zahlreichen preisgekrönten Kurzfilmen auf allen deutschen Festivals eine große Fangemeinde erschließen. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis die in dem Kurzfilm »Taschenorgan« angesprochenen existenziellen Fragen der medizinischen Elite auch für die große Leinwand aufbereitet werden.
Mit »Die Aufschneider« liefert das Team um Carsten Strauch nun sein Spielfilmdebüt ab. Und punktet schon mal mit einer hochkarätigen Besetzung, darunter Christoph Maria Herbst, Cosma Shiva Hagen, Burghart Klaußner und als ewig angetörnter Narkosearzt Stipe Erceg. Voll aus dem Leben und der aktuellen Gesundheitsdebatte gegriffen, erzählt die rabenschwarze Komödie über den gnadenlos ausgefochtenen Konkurrenzkampf zwischen zwei räumlich nahe gelegenen, aber doch so grundverschiedenen Kliniken.
Denn in Zeiten knapper Kassen müssen alle sparen, und so reicht für die Versorgung der Region ein gut ausgestattetes Krankenhaus. So sagt es zumindest eine Kommission beim Besuch der etwas altmodisch wirkenden Eichwald-Klinik unter Leitung von Prof. Keller (den ein souverän agierender Burghart Klaußner spielt). Denn ihre Symphatien gelten dem hochmodernen und straff von Prof. Radwanski (Christoph Maria Herbst darf erneut sich selbst „Ober-fieser-Stromberg“ spielen) geführten Hospital „St. Georg“. Und die Entscheidung trifft die Kommission kurz entschlossen in 10 Tagen. Für Prof. Keller das Signal, seine Mitarbeiter aufzurütteln und mittels seines schnell eingeflogenen Schwagers, eines mit besten Referenzen versehenen Top-Beraters, das Krankenhaus über Nacht fit zu machen.
Natürlich kommt alles anders. Das junge Ärzteteam um Dr. Wesemann (Carsten Strauch) und Dr. Kunze (Rainer Ewerrien) ist eher mit sich selbst und der süßen OP-Schwester Göbel (Cosma Shiva Hagen) beschäftigt, denn immerhin verzichten die drei auf ihren Urlaub. Und als Dr. Kunze noch auf seine alte Flamme Dr. Tietze trifft, die nun als rechte Hand von Prof. Radwanski dessen dunkle Machenschaften umzusetzen hilft, zeigt seine Männlichkeit natürlich in eine ganz andere Richtung. Parallel dazu wünscht sich ein Kommissionsmitglied eine neue Leber, denn weniger Saufen macht keinen Spass und im Gegenzug würde er natürlich… Der Schwager entpuppt sich auch schnell als abgehalfterter Animateur, der auf Mallorca für gute Stimmung sorgte und die gute Eichwald-Klinik in ein karibisches Tollhaus verwandelt.
Viele Verwicklungen, jede Menge guter Gags - da geht es auch um eine gut gebratene Leber und verschwundene Organspenden -, eine gigantische Eröffnungssequenz und tolle Typen.
Dass der Film leider wohl nicht den Dampf zum Kultfilm haben wird, liegt an der etwas unentschlossen wirkenden Drehbuchfassung und der doch eher klamottenhaften Auflösung des Konfilktes.
Verantwortlich für das Post-Gesundheitsreform-Drama zeichnet Carsten Strauch gemeinsam mit Nina Werth und Rainer Ewerrien. Die auch gemeinsam aus dem ursprünglichen Kurzfilm über einen Arzt, der nach einem arbeitsreichen Tag im OP ein Organ in seiner Tasche findet und sich nicht an dessen Herkunft erinnern kann, das Spielfilmprojekt entwickelten.
Und empfohlen seien an dieser Stelle auch die bisherigen Kurzfilme von Carsten Strauch. DIe haben es auch jetzt noch richtig in sich, kurz und kanpp auf den Punkt gebracht (www.carsten-strauch.de).
Buch: Carsten Strauch, Nina Werth, Rainer Ewerrien
Regie: Carsten Strauch
Darsteller: Christoph Maria Herbst, Cosma Shiva Hagen, Stipe Erceg, Nina Kronjäger, Burghart Klaußner, Simon Gosejohann, Carsten Strauch, Rainer Ewerrien
Kamera: Nina Werth
Produktion: Razor Film Produktion, 3L, Roman Paul, Gerhard Meixner, Ulf Israel, Bobby Allen
Bundesstart: 08.02.2007
Start in Dresden: 08.02.2007