TRAILER

Mängelexemplar

Drama, Deutschland 2016, 112 min

Sich einer Last zu entledigen, zumal wenn diese droht, einen zu Boden zu drücken, scheint der richtige Entschluss zu sein. Mit einer mittelschweren Depression an der Backe allemal. Panisch seinem Therapeuten an die Gurgel zu gehen, dafür besteht aber kein Grund, oder doch? An einer Berliner Spreebrücke hat Karo (Claudia Eisinger) gerade ein Mädchen von ihren Schultern gestoßen und in den Fluss geworfen, welches ihr durchaus ähnlich sah. Die große Karo schüttelt das Kind in sich ab. Ein starkes Bild. Zu stark für die junge Frau jedenfalls. Und so erzählt sie dem verdutzten Therapeuten die ganze Geschichte noch einmal von vorn. Wie die Personalchefin ihr die Freiheit zurückgab, weil Karo als unauffälliges Rädchen nicht funktionierte und sie sich so selten unter Kontrolle hatte; der Job war jedenfalls weg. Wie zuerst der Frust, dann die Leere und schließlich das schiere Maß an Möglichkeiten auf Karo einstürzten. Wie die Unangepasste motzte, jubelte und sich verkroch. Bei ihrem Freund, einem hoffnungsvollen DJ, wo sie schnell auf Grund lief. Emotionaler Abstand wäre angebracht, nörgelte der. Beziehung futsch. Auch bei der genervten Szene-Kneiperin Anna, ihrer besten Freundin, bekam sie auf Mitleid längst keinen Kredit mehr. Da blieb nur Oma. Ein Leben lang hatte sie bei Oma Bille (Barbara Schöne) Zuflucht gefunden. Das war, als Karos Mutter (Katja Riemann) sich der eigenen Depression hingab. Oh Gott. Bloß nicht so werden wie die Mutter! Das meint auch die kleine Karo, die wie selbstverständlich neben der großen auf dem Barhocker sitzt. Dieser hübsche Einfall stammt von der Regisseurin Laura Lackmann. Mit leichter Hand und schönen Bildern verhilft dieser Trick der erfolgreichen Sarah Kuttner-Parabel zu ein paar wunderbaren Momenten. Die zwei Karos begeben sich also in Behandlung. Die Große umarmt jedes Kursangebot, die Kleine müht sich redlich, immer wieder Fluchtpunkte bereitzuhalten. Doch es kommt richtig dicke. Der schwarze Fleck überm Herzen wächst und wächst. Gemeinsam müssen sie einiges an Kummer fressen, ehe sie sich auf der Spreebrücke voneinander trennen.
alpa kino