Handbuch der Liebe

Drama/Komödie, Italien 2005, 116 min

Seit Helenas Tagen, um derentwillen noch Kriege geführt und verloren wurden, hat sich unsere Welt erheblich verändert, doch gleich geblieben ist die unheilvolle Macht, welche man stärker nennt als den Tod, und die mehr Leben auf ihrem Gewissen hat als jeder Krieg und uns trotz aller Schwüre jeden Tag von neuem in ihren Bann zieht; die Liebe. Was ist das Faszinierende daran, das uns jeden Schmerz und alle Vorsätze immer aufs Neue vergessen lässt, sobald wir von unserem (Hand-) Buch aufschauen in ein Paar Augen und plötzlich vergessen, bei welcher Haltestelle wir aussteigen wollten? Dieser Frage genauso ratlos ausgesetzt, mixt Regisseur Giovanni Veronesi genüsslich 4x2 Geschichten zu einem Reigen, wo sich Verliebtsein, Gelangweiltsein, Frustriertsein und Verlassensein einander die Hand reichen. Und je nach eigener aktueller Befindlichkeit fühlen wir uns selbst in einer der vier Situationen aufgehoben und verstanden. Den Anfang macht Tommaso, ihm gelingt es nur mit typisch verliebter Hartnäckigkeit, die Fremdenführerin Giulia in das Strandrestaurant seiner Schwester zu locken. Das Verführen fällt ihm da schon leichter, schließlich arbeitet Schwesterchen als Sprecherin gerade an der Titel gebenden Hörbuch-Fassung zum Handbuch der Liebe. Kerzen, Chianti und Musik, gute Ratschläge inklusive. Nach Giulias Umzug in Tommasos Junggesellen-WG, nach Tommasos Heiratsantrag und Giulias überglücklichem “Ja” verlässt die Kamera das frisch vermählte Paar bei dessen Hochzeitsreise. Das Karussell beginnt sich zu drehen, und wir treffen darauf die unzufriedene Barbara und deren Mann Marco. Gemeinsamer Urlaub als Prüfstein einer Beziehung. Kite-Surfen kämpft gegen erotischen Feuertanz. Marco will eigentlich nur seine Ruhe. Fernsehen findet er gut. Als Barbara auf einer Party testen will, ob er überhaupt noch eifersüchtig zu machen ist, findet sie mehr über sich selbst heraus, als ihr lieb ist. Marco findet seinen Wagen am Abschlepphaken einer betrogenen Politesse wieder, die einen wütenden Feldzug gegen alle falsch parkenden Männer startet und erst damit aufhört, als sie sich ihrerseits, quasi weiblicher Gegenschlag, dem angebeteten Fernseh-Moderator hingibt. Verliebt in seine Figuren und vor Lebensfreude rauschend kehrt der hochgefeierte italienische Kassenknüller »Handbuch der Liebe« mit hoffnungsvoller Miene zurück an den Ausgangspunkt der Geschichte. Nach mehreren katastrophalen Versuchen, eine neue Beziehung stur durch Lehrbuch zu entfachen, beschließt Goffredo buchstäblich ins Wasser zu gehen. Statt der erhofften Erlösung trifft er ein kleines Mädchen, das ihn an die Hand nimmt. Auch dessen Mama, Tommasos Schwester Livia, hat ihrer Tochter mit dem Lehrbuch-Wissen bislang nicht den Vater ersetzen können. Mit einem gemeinsamen Abendessen entlässt der Film seine Zuschauer liebeshungrig in eine laue Nacht am Meer.
C. Fredo