Der Junge mit dem Fahrrad
Vielleicht sind im ganzen Film zwei Minuten Musik zu hören. Aber diese Streicherklänge fallen ins Herz, weil sie die Wendepunkte dieser Geschichte treffen. Es ist die Geschichte des zwölfjährigen Cyrill. Er sucht seinen Vater, der ihn ins Kinderheim gegeben hat. Mit Hilfe von Samantha, die einen Friseursalon betreibt, findet er ihn - um ihn für immer zu verlieren. Und als sich Cyrill mit einem Kleinganoven einlässt, droht er auch Samantha zu verlieren…
Wie in allen ihren Filmen, darunter die großartigen Studien »Rosetta« und »Das Kind (»L’Enfant«) - beide mit der „Goldenen Palme“ in Cannes ausgezeichnet -, erzählen die belgischen Filmemacher Jean-Pierre und Luc Dardenne von Menschen am Rand der Gesellschaft. Diesmal scheinen sie ihr Kino jedoch zu verraten. Ihre Darsteller kommen nicht ausschließlich von der Straße, sondern mit Cécile de France als Samantha steht erstmals ein Star vor der Kamera. Erstmals dominiert nicht die Handkamera, die den Figuren hautnah folgt, und erstmals gibt es eine Filmmusik. Doch all dies setzen die Dardenne-Brüder ein, um Abstand zu schaffen. Weil sie nur so Cyrills Kampf um Zuneigung als Gleichnis für etwas über sein Schicksal weit Hinausgehendes zeigen können - die Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens. Ein Meisterwerk.
Udo Lemke
Buch: Jean-Pierre & Luc Dardenne
Regie: Jean-Pierre & Luc Dardenne
Darsteller: Cécile de France, Jérémie Renier, Fabrizio Rongione, Thomas Doret, Egon Di Mateo
Kamera: Alain Marcoen
Produktion: Les Films du Fleuve, Jean-Pierre & Luc Dardenne, Denis Freyd
Bundesstart: 09.02.2012
Start in Dresden: 09.02.2012
FSK: ab 12 Jahren