Mediterranean Fever

Waleed (Amer Hlehel) strampelt sich ab als ideenloser Schriftsteller in Haifa und entwickelt dank eines vollen Papierkorbes eine veritable Depression. Noch gelingt es ihm nicht, einfach wieder zurück zu kehren zu einem halbwegs gut bezahlten Job und den Traum vom gefeierten Romancier aufzugeben. In der Zwischenzeit hält das schmale Gehalt von Waleeds Frau Ola (Anat Hadid) die kleine Familie über Wasser. Dem neuen Nachbarn Jalal (Ashraf Farah) gelingt es, ein wenig an Waleeds Mutlosigkeit zu rütteln. Doch zunächst rüttelt er erst einmal an dessen Nerven, wenn er mitten in der Nacht klingelt, um sich Dinge zu borgen und den ganzen Tag grässliche Musik hört. Dass sich hier eine charmante Männerfreundschaft anbahnt, die bei Halbzeit scharf abbiegt in die Richtung einer schwarzen Komödie, war der Jury in Cannes 2022 immerhin eine Goldene Palme wert für das Beste Drehbuch. Bemerkenswert an der makaberen Stoffrecherche eines Möchtegern- Krimiautors und der bereitwilligen Mittäterschaft eines jovialen Kleinganoven ist das, ganz en passant, mitgelieferte, tagesaktuelle Gesellschaftsbild in der drittgrößten Stadt Israels. Wo der vielstrapazierte israelisch-palästinensische Grundkonflikt eher zwischen den Zeilen sichtbar wird. Am meisten noch an der Tatsache, dass es sich hier um den palästinensischen Beitrag zu den Acadamy Awards 2023 handelt. Waleed und Jalal verbringen bald mehr Zeit miteinander, hat Waleed doch angesichts der fragwürdigen Nebeneinkünfte von Jalal beschlossen, einen handfesten Krimi zu schreiben. Er staunt nicht schlecht, wenn er Jalal beim Geldeintreiben über die Schulter schaut oder dabei, wie der seine Frau betrügt. Und wenn der eben noch depressive Familienvater Waleed seinen neuen Best Buddy fragt, ob der ihm einen Killer besorgen kann, dann scheint zunächst unklar, ob hier der Schriftsteller seinen Plot entwickelt haben will oder der genervte Patient womöglich seine Psychoanalytikerin beseitigt sehen möchte…
alpa kino