Der Name der Leute

Komödie, Frankreich 2010, 103 min

„Du bist Jude, ich bin Araberin - wir müssen uns paaren! Die Welt muss voller Bastarde sein, dann wird Frieden!“ Erfrischend neue politische Konzepte, die sich außerdem für eine gute und natürlich nicht ganz unkomplizierte Geschichte eignen: Die aufgedrehte Polit-Aktivistin Bahia ist nicht etwa Brasilianerin (was viele glauben), sondern stammt von einem algerischen Vater ab (was man ihr nicht ansieht). Sie bezeichnet sich als „politische Nutte“ und schläft mit Vertretern rechten Gedankenguts, um sie umzudrehen. Der zurückhaltende Arthur Martin ist also gar nicht ihre Zielgruppe, ein aufrechter Linkswähler, durch und durch Franzose (wären da nicht die jüdische Mutter und diffuse griechische Wurzeln, beides familiäre Tabus). Beruflich ist er Tierarzt und gerät in Zeiten von Vogelgrippe eher widerwillig in die Öffentlichkeit, da er in einer Radiosendung als Experte geladen ist. So lernen zwei sich kennen, die man getrost als „gegensätzlich“ bezeichnen kann.
Der Film behandelt nun neben der sich anbahnenden Liebe einen ganzen Kosmos mit gelungenem Timing und immer diesseits der fragilen Grenze des Klamottenhaften: die Wurzeln einer Person und deren Auswirkungen auf ihr Leben, Umgang einer Familie mit traumatischen Erlebnissen (Holocaust und sexueller Missbrauch sind nur zwei davon) und Formen der politischen Agitation, einschließlich das politische Ziel des Beischlafs. Das Schöne ist, dass diese Themen nie der Komödie geopfert werden. Sie werden ernst verhandelt, wo es angesagt ist, dürfen gleichzeitig aber auch in ihren Konsequenzen zu größter Heiterkeit führen. Urkomisch die Szene, in der Bahia Arthurs Eltern kennen lernt und versucht, alle familiären Tabuthemen der Martins zu umschiffen - plötzlich ergibt aber selbst der harmloseste Urlaubsbericht grauenvolle Assoziationen zum Holocaust.
Mit den beiden Darstellern Sara Forestier und Jacques Gamblin steht und fällt der Film. Sie geben ein fantastisches Paar, dem man die gegenseitige Anziehung genauso wie jeden noch so absurden Streit abnimmt. Szenen mit Kindern führen in die Vergangenheit der beiden - aber nicht nur in konventionellen Rückblenden: die Kinder reden auch mit den heute Erwachsenen, um ihnen etwas mitzuteilen. Weiterhin überzeugt der Film durch ausreichend Wendungen und bemerkenswerten Humor. Und ganz am Ende wird sogar noch geklärt, warum der gemeinsame Nachwuchs Tschang heißen soll…
Petra Wille
Petra Wille