Habermann

Drama, Deutschland/Tschechische Republik 2009, 104 min

Der erste deutsch-tschechische Spielfilm über eine bis heute heikle und nicht verarbeitete Geschichte. Über einen ehemals prosperierenden und multiethnischen Landstrich kamen scheinbar plötzlich Tod und Zerstörung. Über Jahre lebten verschiedene Völker, Deutsche, Tschechen, Juden, Polen und Roma im Sudetenland friedlich nebeneinander - gleichberechtigt unter Franz Joseph und seiner k.u.k. Herrschaft. Der Zusammenbruch 1918 setzte dem ein Ende.
So auch in dem kleinen Städtchen Eulau Anfang der 30er Jahre. Der junge Unternehmer August Habermann (Mark Waschke) ist ein angesehener Bürger. Seit vier Generationen betreibt seine Familie das größte Sägewerk im Umkreis. Als er seine bildhübsche Verlobte Jana (Hannah Herzsprung), eine Halbjüdin, heiratet, freut sich jeder mit dem glücklichen Paar. Aber die friedlichen Zeiten sind vorbei, jäh ändert sich alles, als das Sudetenland „heim ins Reich“ geholt wird.
Ein tiefer Riss geht bald durch die Gemeinde. Sturmbannführer Koslowski (Ben Becker) kommandiert im Dorf herum, Augusts jüngerer Bruder Hans (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) ist vom Nationalsozialismus infiziert und Habermanns Gattin Jana wird massiv bedrängt. Der unpolitische Habermann gerät unversehens zwischen alle Fronten - den Nazis gilt er als Tschechenfreund, für die Tschechen ist er plötzlich ein verhasster Besatzer. Als kurz vor Kriegsende zwei SS-Leute auf einer Patrouille erschossen werden, fordert Koslowski mit den Worten „Ein Deutscher ist soviel wert wie zehn Tschechen“ blutige Vergeltung und zehn Namen auf der Todesliste. Statt dessen liefert Habermann nur einen Namen - seinen eigenen und den kostbaren Familienschmuck. Nach dem Krieg will der aufgebrachte Mob von so viel Standhaftigkeit nichts wissen. Die Tragödie nimmt ihren Lauf…
Die deutsch-tschechisch-österreichische Co-Produktion in der Regie von Juraj Herz, einem jüdisch-slowakischen Filmregisseur, der in Deutschland vor allem durch seine Märchenverfilmungen bekannt wurde, beruht auf wahren Begebenheiten. Es handelt sich dabei um den ersten Spielfilm, den Deutsche und Tschechen gemeinsam über jenes dunkle Kapitel gedreht haben. Bis zu drei Millionen Menschen wurden nach dem Mai 1945 gewaltsam vertrieben und auch umgebracht.
In opulenten Bildern erzählt das Drama die ergreifende Geschichte einer einfachen Familie, die in finstere Zeiten hinein gerissen wird, in einen verhängnisvollen Strudel aus Neid, Verrat, Hass und Gewalt. Es ist dies die tragische Geschichte einer einzigartigen Kulturlandschaft, der tiefe, bis heute nachwirkende Wunden gerissen wurden. Die Geschichte von Terror und ethnischer Säuberung, vor und nach dem Mai 1945, darunter die Vertreibung der Sudetendeutschen. Die Besetzung, authentische Drehorte und die vorzügliche Kameraarbeit machen den Film zu einem besonderen Geschichtserlebnis.