Lourdes

Drama, Österreich/Deutschland/Frankreich 2009, 99 min

Von einer Regisseurin, die im Interview sagt, „dass das Weltall dunkel und kalt ist und man am Ende sterben wird“ erwartet man nicht unbedingt einen Film, in dem eine Wunderheilung im Mittelpunkt steht.
Der neue Film der Österreicherin Jessica Hausner (»Hotel«, »Lovely Rita«) spielt am Titel gebenden Wallfahrtsort. Er gewann in Venedig vier Preise - und nicht nur den der ökumenischen Jury.
»Lourdes« beginnt mit einer faszinierenden Choreographie: ein Blick in einen Speisesaal, anfangs leer, der sich bald füllt. Die grünpflanzenverzierte Öde wird belebt und ist bald plaudernde Abendbrot-Gesellschaft. Dann erhebt sich die „Reiseführerin“ in Nonnentracht und gibt den Ablaufplan für den nächsten Tag durch - streng und bestimmt. Ein toller Einstieg in einen Film, der auch so weitererzählt wird: distanziert und beobachtend.
Sylvie Testud ist Christine, vom Hals abwärts gelähmt, die gerne auf Pilgerfahrt fährt, weil sie sonst nicht so oft rauskommt - tiefe Frömmigkeit sieht anders aus. Sie sagt ganz offen, dass sie die kulturellen Reiseangebote der Malteser-Wohlfahrt den religiösen vorzieht und erntet von den sehr gläubigen Mitreisenden etwas vorwurfsvolle Blicke. Und dann erlebt ausgerechnet diese Christine eine Wunderheilung. In sehr überlegt komponierten Bildern erzählt Hausner ruhig und mit sparsamen Dialogen, wie sich die Welt um Christine herum verändert, seit sie plötzlich wieder laufen kann, wie erfreut zunächst und alsbald argwöhnisch die anderen Pilger sie beobachten. Wie angenehm, dass dieser Film sein großes und unfassbares Thema Wunder nicht tot redet. Blicke und Gesten machen die Dimensionen klar: Es geht um nichts weniger als das Glück, das jeder und jede im Leben sucht, und um die Vergänglichkeit eines glücklichen Moments, den man hofft festzuhalten - doch wer weiß schon, was im nächsten Moment passieren wird?
Petra Wille