TRAILER

Piaffe

Drama/Experimentalfilm, Deutschland 2023, 86 min

Wenn in Ihrem Kino Verlockung und Beunruhigung gleich groß werden, wenn Sie Zeuge werden, wie die Phantasie wieder laufen lernt, ja, befreit und wild galoppiert, weil sich alle herkömmlichen Grenzen auflösen, dann sitzen Sie in der konsequent zu Ende gedachten quasi Fortsetzung des Kurzfilms »Passage« (2020) von Ann Oren. Auch dort war schon der Beruf der Film- Geräuschemacherin Ausgangspunkt für die vollkommen ungezügelte Drehbuchidee der aus Tel Aviv stammenden Regisseurin. Im Tonstudio gilt es ein Dressurpferd und dessen Reitübung nachzusynchronisieren und Eva, deren Schwester Zara bei eben diesem Job einen Nervenzusammenbruch erlitten hat, soll nun die Arbeit fortführen. Geräusche zu erfinden ist ein kreativer, aber auch sehr technischer Prozess. Sich jedoch einzufühlen in das noch leinwandstumme Objekt kann zutiefst emotional, ja verstörend sein. Evas Start ins gewerbsmäßige Vertonen einer Piaffe (Galoppieren auf der Stelle) verläuft zu Beginn recht schwierig, ihr Chef gibt ihr, um einmal in diesem Bild zu bleiben, ordentlich die Peitsche und die Sporen. Aber sie weiß sich zu helfen und wird ganz Pferd. Als sie spürt, dass ihre Tierwerdung nicht etwa aufhören darf, wenn das bewegte Bild auf der Leinwand erlischt, oder ihr Arbeitstag zu Ende geht, durchlebt sie eine Verwandlung. Ein stattlicher Pferdeschwanz ziert bald ihr Hinterteil und zeitgleich mit der hübschen Ausstattung greifen auch animalische Triebe nach der jungen Frau. Diesen lässt sie ihren Lauf in einer zügellosen Beziehung zu ihrem Arzt, einem Botaniker, dessen Fetisch wiederum Farne sind. Er kennt sich mit Hermaphroditen aus und mit Sporen, mit Bondage und allerlei sexuellem Zaumzeug. Gemeinsam schieben sie die engen Grenzen menschlicher Empfindungen im Reich der Natur beiseite und fragen nach neuen Definitionen für Unterwerfung und Lust. Ann Oren, die bereits in ihrem ersten Film interessiert war an Spielereien wie cos play und fictosexuality, erforscht begierig das Terrain unkonventionellen Lustgewinns sowie ganz pragmatisch auch die Metaphysik unserer Wahrnehmung.
alpa kino

Buch: Ann Oren, Thais Guisasola

Regie: Ann Oren

Darsteller: Simone Bucio, Simon Jaikiriuma Paetau, Sebastian Rudolph, Ruth Rosenfeld

Kamera: Carlos Vasquez

Produktion: Schuldenberg Films, Mimesis Films, Sophie Ahrens, Fabian Altenried, Kristof Gerega

Bundesstart: 04.05.2023

Start in Dresden: 11.05.2023

FSK: ab 16 Jahren