The Dixie Chicks: Shut Up and Sing

Dokumentation, USA 2006, 92 min

Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere als eine der erfolgreichsten weiblichen Bands aller Zeiten passiert der dreiköpfigen Countryband „The Dixie Chicks“ ein so nicht vorhersehbares Malheur. Natalie Maines kommentiert 2003 in einer Londoner Konzerthalle den nahenden Irak-Krieg zwischen zwei Stücken flapsig mit: „I´m ashamed that the President of the United States is from Texas.“ (sinngemäß, dass sie sich schäme, dass der Präsident auch aus Texas kommt). Ein kleiner Spruch am Rande für das tosende Londoner Publikum, von anderen US-Stars bereits weit drastischer gesagt. Aber was Neil Young oder Madonna als Teil des liberalen Establishments sagen dürfen, gilt für Helden der vor allem im konservativ geprägten Süden verbreiteten Country-Szene nicht. Hardliner, Country-Radiostationen und ihre bisherigen Fans inszenierten ein Spießrutenlaufen.
Die beiden Filmemacherinnen Barbara Kopple, bisher zwei OSCARS für den besten Dokumentarfilm für ihre Arbeitskampf-Dokumentationen »Harlan County« (1976) und »American Dream« (1990), und Cecilia Peck begannen sich stärker für das Schicksal der gefallenen Engel zu interessieren und begleiteten die Band über zwei Jahre. Das Material aus den Jahren 2003 bis 2006 wurde nicht zu einem reinen Musikfilm, sondern zur Geschichte eines Erfahrungs- und bitteren Lernprozesses, den die drei Frauen zwischen Karriere-Knick und Comeback durchmachen. Das allerdings auf ganz hohem Niveau, denn an Stelle der alten Fans trat ganz schnell eine neue Fangemeinde im Norden und sogar in Europa und Kanada auf den Plan.
Der Film ist dabei auch ein sehr persönliches Portrait von Natalie Maine und der Schwestern Martie Maguire und Emily Robison, die nicht nur ein Stadion zum Toben bringen können, sondern auch einfach Mütter sind. Und es zeigt die Verletzung, die Angst um die Familie, die Fassungslosigkeit über einen Teil ihrer Mitbürger. Die Doku ist damit eben auch oder besonders eine realistische Reflexion über die gespaltene amerikanische Gesellschaft und drei Frauen, die auf unaufgeregte Weise Zivilcourage zeigen. Eine Gesellschaft, die die Kraft hat, über Fehler zu reflektieren und die Möglichkeiten bietet zu agieren. Am Ende steht die Geburt der Zwillinge von Emily und das wunderbar gelassene Credo: „Open your Mouth and sing.“