Falling into Paradise

Komödie/Drama, Serbien & Montenegro/Deutschland/Frankreich/Niederlande 2004

Ein ganz und gar unpatriotischer Film ist das. Während der NATO-Bombardements über Belgrad liegen Großvater und Enkelin lachend auf der Dachterasse, zählen Flugzeuge und klatschen den neuen Rekord ab; 703 Stück in einer Nacht. Für uns kriegsversehrte Mitteleuropäer kaum vorstellbar, aber auch Krieg wird irgendwann langweilig. Da hilft nichts, man muss sich etwas einfallen lassen. Dusha (Branka Katic, bekannt für ihr Draufgängertum seit »Schwarze Katze, Weißer Kater«) vertreibt sich die Zeit während der nächtlichen Angriffe auf ganz unkonventionelle Art. Seit sie gehört hat, dass in den AWACS-Aufklärern ganz schrecklich nette Burschen sitzen, morst sie nachts mit der Taschenlampe kleine Liebesbotschaften zum Himmel. Ihr Bruder Lubi (Lazar Ristovski) ist von den amourösen Ambitionen seiner Schwester nicht gerade begeistert. Als König des serbischen Schwarzmarktes versorgt er die Familie mit allerlei Luxus und schreckt auch nicht davor zurück, persönlich in die kriegerischen Auseinandersetzungen einzugreifen. Gegen zwei Mercedes-Limousinen tauscht er eine russische SH-350 Rakete, liebevoll „Miss UdSSR“ genannt. Damit holt er sie vom Himmel, die AWACS. Peng, fällt sie runter. Kaum fünf Minuten später landet ein waschechter Ami samt Fallschirm auf der Dachterrasse. Dusha sieht sich am Ziel ihrer Träume, obwohl der Pilot Jonathan Schumacher (also da wedelt doch der Schwanz mit dem Hund) ihr glaubhaft versichert, dass er nicht Robert Redford ist. Nach der ganzen Aufregung und Vorstellerei wird Schumacher erst einmal mit der Wäscheleine festgebunden. Denn jetzt gilt es genau zu überlegen, was mit ihm anzufangen ist. Auf der einen Seite sind z.B. die eigenen Leute, die serbische Armee, welche sich mit dem glorreichen Abschuss brüstet. Ferner gibt es einige hochgestellte Politiker, denen es immerhin eine Million US-Dollar wert wäre, einen der abgeschossenen Piloten in ihre Finger zu bekommen. Nicht zuletzt hat sich Dusha ganz fürchterlich verknallt in ihren Bobby.
UN-Generäle schmuggeln Särge, schwerhörige Großmütter lernen englisch via CNN und serbische Patrioten fahren mit einem abgschossenen Amerikaner vor Milosevics Villa auf und ab - in einer roten Corvette. Wer da nicht an Kusturica denken muss, der ist im falschen Film. Erst kürzlich wieder maßten sich Mitteleuropäer an, dessen »Das Leben ist ein Wunder« als unernst und oberflächlich zu verwerfen. Wie das? Wir Deutschen saßen doch bestenfalls in den Flugzeugen, was können wir also von diesem Krieg wissen?
»Falling Into Paradise« ist zwar bloß ein kleiner Bruder des großen Underground-Meisters, jedoch ist es ihm gelungen, sich irgendwie dessen zu große Hosen zu borgen. Damit tanzt er jetzt frech und respektlos durchs bombardierte Belgrad.
alpa kino