Caché

Drama, Frankreich/Österreich/Deutschland/Italien 2005, 119 min

Dem Österreicher Michael Haneke und seinen Filmen kann man sich nicht entziehen, er spürt sein Publikum überall auf, wo es sich auch immer verstecken will. Und dann hetzt er ihm das Leben auf den Hals, egal ob es in Gestalt marodierender Straßenbanden, weltuntergangs-ähnlicher Apokalypsen oder einfach nur als selbstzerstörerische Schizophrenie, gepaart mit virtuosem Klavierspiel, daherkommt. Bei Haneke bleibt immer ein Scherbenhaufen zurück, weil er mit jedem Film eine unserer als sicher angenommenen Welten in Einzelteile zerlegt.
Der erfolgreiche Moderator einer Literaturtalkshow Georges Laurent (Daniel Auteuil) und dessen Frau Anne (Juliette Binoche) bewegen sich zwischen Vernissagen, Dinerpartys und Fernsehsendungen mit schlafwandlerischer Sicherheit und professioneller Langeweile. Bis eines Tages ein Videoband im Briefkasten landet, dessen Inhalt oder besser dessen banaler Nicht-Inhalt die Laurents aus ihrem vertrauten Lebenstrott aufschreckt. Ein neues Band bringt noch keine Antworten, sondern streut nur immer neues Gift auf die ausgetretenen Wege. Was aussieht wie ein witziges Bilderrätsel für den intellektuellen Literaten, wird zu einer sehr persönlichen Bedrohung. Die gezeigten Details dringen tiefer in Georges Leben ein, Anne stellt ihrem Mann unbequeme Fragen, das Vertrauen zwischen beiden Eheleuten wird zunehmend brüchiger. Was haben die Strichmännchen mit den blutig roten Kehlen zu bedeuten? Was wollen die anonymen Anrufe sagen, mit denen Anne terrorisiert wird? Wieso weicht Georges ihr aus? Mit jedem Tag wächst die unterschwellige Bedrohung und Anne scheint immer weniger die Identität des Jägers zu interessieren, als vielmehr die Frage; Wer ist eigentlich das Wild?
Doch mit einer Who-Dunnit-Antwort gibt sich Haneke nicht ab. Er gräbt nicht bloß nach den Kellerleichen. Er deckt auch das Dach ab und reißt die Fenster raus aus dem Leben der Laurents. Mehr noch, Haneke erklärt einen ganzen Teil französischer Geschichte zur Baustelle, auf der etliche Fassaden restauriert werden müssen. Wo das Mainstream-Kino sich mit der Manipulation der Zuschauer zufrieden gibt, strebt Caché danach, tief in die hochglänzenden Oberflächen einzudringen, die unser Leben vor den Wahrheiten schützen sollen.
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