Slumming

Drama/Komödie, Österreich/Schweiz 2006, 96 min

Gott kegelt jeden Tag. Da kann es einen durchaus mal bis hinter die Bande schleudern, falls man sowieso eine von den Randfiguren ist. Im schlimmsten Fall findet man nicht mehr zurück ins Spiel, meistens jedoch verhilft einem der unverhoffte Blick von draußen zu etwas wohltuendem Abstand. Kallmann wacht eines Morgens aus seinem Rausch auf und muss feststellen, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. Gottes Kugel hat den wandelnden Straßen-Poeten und stadtverschrieenen Wiener Sandler während der Nacht voll erwischt. Gerad' hat Kallmann noch die U-Bahn-Kontrolleure verscheucht, die Maulaffen wetzen geschickt und sich mit ausreichend Fusel versorgt, um die kalte Februarnacht zu überstehen, da glaubt er seinen Augen nicht zu trauen. So laut er auch da herumschreit, es hilft nix. Die verdutzten Passanten, die in einem tschechischen Provinznest zur Arbeit eilen, wissen eh keine Antwort auf sein Gezeter. Noch weiß er nicht, dass er vorm Bahnhof von Znojmo/Znaim sitzt. Doch dass es nicht der Praterstern ist, merkt er sofort. Sebastian und Alex hatten den Obdachlosen auf ihrer nächtlichen Slumming-Tour durch Wien stocktrunken in ihr Auto und dann ein paar dutzend Kilometer hinter die tschechische Grenze verfrachtet. Die beiden Tagediebe, ein Langzeitstudent und ein neureicher Schnösel, verbringen ihre Freizeit mit Speed-Dating, Pussy-Shooting und eben mit Slumming. Sich in ausgesucht heruntergekommenen Lokalen rumtreiben und den wirklich echten Menschen dabei zusehen, wie sie glücklich sind. Jawohl, auch urbanes Surfen kann süchtig machen. Wer wüsste das wohl besser als der Österreicher Michael Glawogger. Seine Filme sind immer auch ein wenig Straßenkino. Wenn einem dann halt ein bisserl fad ist, kommt es schon mal vor, dass man ein wenig Verwirrung stiften mag im Universum. Aber geh', und die nächste Kugel schleicht sich auch schon und reißt heute mal ein mittelgroßes Loch in Sebastians (August Diehl) arrogante Selbstsicherheit. Beim Date-Junking hat er sich in Pia (Pia Hierzegger) verguckt, obwohl er gar nicht mit ihr verabredet war. Dass er jedoch bei der Grundschullehrerin mit seiner Geschichte vom Kallmann und dem geschrumpften Bahnhof keineswegs punkten kann, hätte der ach so weltgewandte Sebastian allerdings vorhersehen müssen. Dabei wollte er dem Sandler eh nur helfen. Und verdammt, wenn man Paulus Manker so zuschaut, wie er in Tschechien neue Reime lernt, wie er als verkleideter Jesus versucht, übers Wasser zu gehen oder Zwiesprache mit den Tieren hält, wird man das Gefühl nicht los, dass er endlich den richtigen Fahrschein gelöst hat.