Das weiße Band - Eine deutsche Kindergeschichte

Drama, Österreich/Deutschland/Frankreich/Italien 2009, 144 min

Er gehört zu den ganz Großen, zu den verlässlich Rigorosen des europäischen Autorenfilms. Mit neun seiner zehn Kinoproduktionen ging Michael Haneke nach Cannes, sechsmal war er im Wettbewerb - und nun gelang dem Österreicher der Coup: Goldene Palme für »Das weiße Band«.
Ein Dorf im protestantischen Norden Deutschlands. 1913/14. Vorabend des Ersten Weltkriegs. Die Geschichte des vom Dorflehrer geleiteten Schul- und Kirchenchors. Seine kindlichen und jugendlichen Sänger und deren Familien: Gutsherr, Pfarrer, Gutsverwalter, Hebamme, Arzt, Bauern - ein Querschnitt eben. Seltsame Unfälle passieren und nehmen nach und nach den Charakter ritueller Bestrafungen an. Wer steckt dahinter?
Schon immer interessierte sich Haneke für das Koordinatensystem der Gewalt, für die Banalität des Bösen. Emotionslos bringt er mit erlesenen Bildern in schwarz-weiß ein wenig Licht in die düsteren Zusammenhänge menschlicher Abgründe, zeigt die Entwicklung von Schuld und Gewalt im kleinen Alltag bis zum Vorabend des großen Krieges.
Dass dieser Film so beklemmend funktioniert, verdankt er seiner psychologisch präzisen Dramaturgie, die von einem hervorragenden Ensemble packend umgesetzt wird. Von den Kindern (aus mehr als 7.000 Bewerbern ausgesucht), über den leinwandpräsenten Christian Friedel als Lehrer bis zum stets punktgenauen Burghart Klaußner als Pastor.
Die zunächst vielleicht abschreckenden 145 Filmminuten fallen höchst kurzweilig und spannend aus. Eigentlich eine perfekte Literaturverfilmung - nur dass es hier gar keine Romanvorlage gab. Deutsch oder Österreich? „Es ist ein Haneke-Film. Der Rest ist mir egal“, sagt der Regisseur amüsiert.