Der Kreis

Drama, Iran/Italien 2000, 91 min

Ein Kind kommt zur Welt. Es ist ein Mädchen. Eine Katastrophe für die Großmutter. „Wirklich kein Junge? Dann verlangt mein Schwiegersohn die Scheidung.“ Die Geburt erlebten wir nur über Stimmen und Schreie, das erste Bild zeigt eine schwarz verschleierte Frau, die durch ein weißes Schiebefenster mit einer Krankenschwester spricht. Diese einfache, klare Sequenz kennzeichnet so beiläufig wie umfassend die Situation der Frauen im Iran. Welche Ausgrenzungen iranische Frauen im Alltag erdulden, bringt „Der Kreis“ unspektakulär und kunstvoll auf den Punkt. Im Iran wurde der Film verboten, in Venedig erhielt er den Goldenen Löwen.
Im Mittelpunkt stehen drei Frauen auf Hafturlaub. Ohne männliche Begleitung oder Ausweis erhalten sie noch nicht einmal eine Fahrkarte. Immer wieder werden sie aufgefordert, den Tschador zu tragen, Rauchen dürfen sie nur heimlich. Sie befinden sich ständig auf der Flucht.
Die junge Nargess möchte aufs Land fahren, ihre Freundin Arezou beschafft ihr auf hier nicht erläuterte Weise Geld für die Fahrt, will sie aber nicht begleiten: „Ich habe Angst herauszufinden, dass dein Paradies gar keins ist.“ Nargess sucht nach ihrer Zellengenossin Pari. Pari, die unehelich schwanger ist, sieht sich verzweifelt nach einer Möglichkeit zur Abtreibung um, die wiederum ohne das Einverständnis eines männlichen Familienmitgliedes nicht möglich ist. Ihre Brüder drohen, sie wegen der „Schande“ umzubringen. Sie trifft auf eine alleinerziehende Mutter, die ihre Tochter aussetzt, damit das Kind in einer Pflegefamilie eine Zukunft findet. Am Ende taucht die Prostituierte Mojgane auf, die sich als einzige in der Gegenwart von Männern eine Zigarette anzündet - eine kleine Rebellion.
Aus seinen fast dokumentarischen Beobachtungen komponiert Jafar Panahi ein magisches Filmgedicht, das die Form von Ophüls' »Reigen« aufgreift. Er plakatiert nichts, er nimmt Anteil. In fließender Bewegung folgt die Kamera den Figuren so nah und respektvoll, dass der Zuschauer sich selbst wie ein heimlicher Beobachter fühlen muss. Selten ist ein Film auf so unaufdringliche Weise eindringlich.