TRAILER

The Wild Pear Tree

Drama, Türkei/Nordmakedonien 2018, 188 min

Nein, das wird wohl nichts mehr in diesem Leben, mit dem türkischen Regisseur Nuri Bilge Ceylan und einem lässigen 90 Minuten Film. Wieso seine aktuelle Familien-Saga ausgerechnet der Länge von 188 Minuten wegen in Cannes aussortiert wurde, dort, wo er bislang mit jedem seiner fünf eingereichten Filme einen Preis mitnahm, bleibt ein Juroren-Rätsel. An Ceylans Filmen ist für gewöhnlich kein Gramm Fett, und drei Stunden dauert die Zubereitung eines guten Essens allemal, einen Brunnen gräbt man nicht in dieser Zeit und ein Buch liest man auch nicht. Ganz zu schweigen davon, eines zu schreiben. Der junge Sinan (Dogu Demirkol) steht kurz vor dem Abschluss seines Studiums. Mit seinem unveröffentlichtem Roman »Der wilde Birnenbaum« im Gepäck kehrt er heim ins Haus seiner Eltern. Hier muss sich entscheiden, was das Leben mit ihm vorhat. Es könnte ihn der Militärdienst ereilen, sobald er die letzte Prüfung absolviert hat. Das Leben könnte ihm gewogen sein und einen einzigen, aufrechten Verleger schicken. Es könnte ihn auch anlächeln, mit den schönen Augen von Hatice (Hazar Ergüclü), wenn sein Schwarm aus Schultagen das Haar für ihn öffnet. Könnte ihn verprügeln, wie Hatices Verlobter, oder drohen, ihm den Rucksack mit dem anatolischen Erbe seiner Vorfahren auf den Rücken zu setzen. Sinan hält inne und wägt ab. Wenn sein Traum, Schriftsteller zu werden, scheitert, müsste er hier allerdings bei lebendigen Leib verrotten wie sein Vater. Idris (Murat Cemcir) steht als Lehrer kurz vor der Entlassung, weil er seine Spielsucht nicht im Griff hat. Den eigenen Sohn zu verdächtigen, dass er im Elternhaus das Geld stehle, entzweit die beiden Männer. Sinan beschließt, dem Leben zuvor zu kommen, einen Entschluss zu fassen, denn Schläge sollte man wenigstens einstecken bei dem Versuch, der Stagnation zu entkommen. Ohne einen ordentlichen Sturm, schlägt sein Birnenbaum keine brauchbaren Wurzeln.
alpa kino