Love & Mercy

Drama/Biographie, USA 2014, 122 min

Brian Wilson war es, der fragte, ob ein Pferd durch die Studiotür passt, derjenige, der Haarnadeln auf Klaviersaiten kippte, ein Strandjunge, der stets das Meer spüren wollte. Da man selbst in Kalifornien nicht immer am Strand komponieren kann, wurde der Boden in seinem Studio mit Sand bedeckt. Die Hände auf den Tasten, die Füße im Seesand, war der kreative Kopf der Beach Boys kompromisslos auf der Suche nach neuen Sounds. Sein überbordender Ideenreichtum legte den Grundstock für den fabelhaften Erfolg der Band. Er selbst bezahlte dafür mit seiner Gesundheit. Der eigene maßlose Anspruch, die Überforderung, die Tourerei, der Druck von innen und außen machten ihn fertig, folgerichtig griff er zu Drogen, die seine emotionale Instabilität verstärkten. LSD war damals noch legal, wenigstens in den USA. Wilsons psychische Probleme waren nicht mehr in den Griff zu bekommen und legten ihn für Jahrzehnte lahm. Er lieferte sich einem Psycho-Guru aus, dessen Fängen er erst kurz vor dem Entzug der Mündigkeit entkam, mit Hilfe eines Prozesses, den die alarmierte Verwandtschaft für ihn führte. Schließlich ging es ja auch um das Erbe. In einer Autoverkäuferin fand er seine zweite Ehefrau, eine taffe Blondine, die sich auch vom Hardcore-Psychiater nicht ins Bockshorn jagen ließ. Ihre Unterstützung half ihm beim Comeback. Die Poplegende ist heute 72 Jahre alt.
William Pohlad, Produzent von Filmen wie »Into the Wild« und »Brokeback Mountain«, hat aus dem bewegten Leben Brian Wilsons einen erstaunlichen Film gemacht, der auf den sicheren Füßen der Beach Boys-Hits steht. Den jungen Brian spielt der ihm sagenhaft ähnlich sehende Paul Dano, dem es sichtlich Freude macht, einmal nicht als Psychopath besetzt worden zu sein. Er stürzt sich mit Verve in seine Rolle und überzeugt beim Komponieren ebenso wie beim Abdriften in den Wahn. John Cusack ist der ältere Brian. Seine Besetzung ist ein raffinierter dramaturgischer Kniff. Die gänzlich fehlende Ähnlichkeit funktioniert als großes Zeichen dafür, dass Brian, der Ältere, durch seine Krankheit ein gänzlich Anderer geworden ist. Cusack spielt mit sparsamsten Gesten einen von seiner Krankheit verbrauchten Mann. Paul Giamatti verkörpert mit gewohnt schmierigem Charme den Psychiater Dr. Landy, der sich jahrelang an Wilson schadlos hielt.
Grit Dora